Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie der MGD
Die Meibomdrüsen sind große Talgdrüsen in den Tarsalplatten der Augenlider. Diese Drüsen führen die aktive Synthese von Lipiden und Proteinen durch, die auf den Lidrand der Oberund Unterlider knapp vor der muko-kutanen Grenze ausgeschüttet werden. Die Drüsenlipide breiten sich auf dem Tränenfilm aus, fördern seine Stabilität und verhindern seine Verdunstung.

Meibomdrüsen haben, im Gegensatz zu anderen Talgdrüsen, keinen direkten Kontakt zu Haarfollikeln. Jede Meibomdrüse besteht aus mehreren sekretorischen Azini gefüllt mit Meibozyten, lateralen Verbindungsgängen, einem zentralen Gang und einem terminalen Ausführungsgang, der sich auf den hinteren Lidrand öffnet. Die Anzahl und das Volumen der Meibomdrüsen ist im Oberlid höher als im Unterlid, aber der relative funktionelle Beitrag zum Tränenfilm, den die Drüsen des Oberlides, im Vergleich zu denen des Unterlides, erbringen, ist noch unbekannt. Ebenfalls unbekannt ist die Quelle(n) der Stammzellen dieser Drüse.


Meibomdrüsen besitzen eine dichte Innervation und ihre Funktion wird reguliert durch Androgene, Östrogene, Progestine, Retinolsäure und durch Wachstumsfaktoren sowie möglicherweise durch Neurotransmitter. Die Drüsen produzieren in einem komplexen und bisher nur teilweise bekannten Prozess polare und nicht-polare Lipide. Diese Lipide werden nach einem holokrinen Sekretionsprozess in das Gangsystem abgegeben. Die Ausschüttung des Meibum auf das Lid geschieht durch Muskelkontraktion während der Lidbewegung.

MGD wird als geeigneter Begriff zur Beschreibung von Funktionsstörungen der Meibomdrüsen betrachtet. Der Begriff „Meibomdrüsen-Erkrankung“ („Meibomian gland disease“) dagegen wird verwendet, um eine größere Gruppe von Störungen der Meibomdrüsen, einschließlich der Neoplasien und angeborener Krankheiten, zu beschreiben. Andere Begriffe wie Meibomitis oder Meibomianitis beschreiben eine Untergruppe von Störungen der MGD, die mit Entzündung der Meibomdrüsen vergesellschaftet ist. Obwohl eine Entzündung bedeutsam sein mag für die Klassifikation und Therapie der MGD sind diese Begriffe nicht hinreichend allgemein, da eine Entzündung nicht immer vorliegt.

MGD kann klassifiziert werden nach anatomischen Veränderungen, pathophysiologischen Veränderungen oder nach der Schwere der Erkrankung. Jede Klassifikation muss aber die Bedürfnisse sowohl des Klinikers wie auch des Wissenschaftlers erfüllen. Eine Klassifikation, die auf der Pathophysiologie beruht, erscheint daher am geeignetsten um die Erfordernisse zu erfüllen

Meibomdrüsen Dysfunktion wird primär durch eine Obstruktion des terminalen Gangs mit verdicktem, trüben Meibum, vermischt mit verhorntem Zellmaterial, verursacht. Diese Verstopfung wiederum beruht auf einer überschießenden Verhornung des Gangepithels und einer erhöhten Viskosität des Meibum (Abbildung.2). Dieser obstruktive Prozess wird beeinflusst durch endogene Faktoren wie Alter, Geschlecht und Hormonstörungen sowie auch durch exogene Faktoren wie topische Medikation. Die Obstruktion kann zu einer zystischen Erweiterung der Drüsen, Atrophie der Meibozyten, Verschwinden der Drüsen (gland drop out) und verminderter Sekretion führen. Diese Veränderungen laufen typischerweise ohne die Beteiligung entzündlicher Zellen ab. Das Endergebnis der MGD ist eine verminderte Verfügbarkeit von Meibum auf dem Lidrand und Tränenfilm. Die Konsequenz eines Lipidmangels können erhöhte Verdunstung, erhöhte Osmolarität und Instabilität des Tränenfilms, vermehrtes Bakterienwachstum auf dem Lidrand, ein evaporatives trockenes Auge, sowie Entzündung und Schäden der Augenoberfläche sein.

Insgesamt ist MGD eine äußerst wichtige Störung, deren Bedeutung vermutlich unterschätzt wird und die sehr wahrscheinlich die häufigste Ursache eines trockenen Auges darstellt.